Eine Rezension von Rob Randall
Es scheint sicher: Irgendwann in den nächsten Jahrzehnten werden die Erdölreserven zur Neige gehen. Dementsprechend häufen sich seit der Jahrtausendwende die Veröffentlichungen, die das drohende Ende der Ölversorgung – auch Peak-Oil-Szenario genannt – literarisch vorwegnehmen. Besonders ins Auge fällt hier, dass diejenigen Romane, die sich des Themas angenommen haben, besonders oft dem Genre des Thrillers entspringen. Damit dieses aber überhaupt gelingen kann, bedarf es einigen Einfallsreichtums seitens des Autors, denn die schleichende Verknappung und damit einhergehende Verteuerung des Lebenssaftes unserer Zivilisation stellen nicht gerade das geeignetste Thema für einen actiongeladenen Thriller dar: Hier muss die Ressource Erdöl möglichst abrupt von einem Tage auf den anderen nicht mehr zu Verfügung stehen. Was läge da im Zeitalter des sogenannten Krieges gegen den Terrorismus näher als ein Anschlag mit Biowaffen? Für diese höchst aktuelle Lösung hat sich 2008 nicht nur Kyle Mills in Global Warning, sondern auch R. Scott Reiss in Black Monday entschieden.
In dem von Reiss entworfenen Szenario bleiben nach und nach alle mit Ölprodukten betriebenen Maschine mit Defekten stehen. Die Folgen sind verheerend: Innerhalb weniger Tage brechen die Versorgung und die öffentliche Ordnung zusammen. Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe werden weite Teile der U.S.A. von der Regierung dem Chaos anheim gegeben, um wenigsten in einigen städtischen Regierungszentren eine funktionierende Administration aufrecht erhalten zu können. Das Land außerhalb dieser verwandelt sich in in eine Welt, in welcher sich die Bewohner entweder auf kommunaler Ebene beistehen oder im Kampf aller gegen alle um die letzten Lebensmittel und Energiereserven kämpfen. Fieberhaft suchen die Behörden nach der Ursache und der Quelle einer Seuche, die nach und nach nicht nur weltweit die Erdölfelder, sondern anscheinend auch die Erdölreserven befällt. Der Virologe Greg Gerard, der seine eigene Theorie verfolgt, sieht sich gezwungen den Weisungen seines Vorgesetzten zuwider zu handeln und begibt sich auf eine gefährliche Reise durch die U.S.A., um die Quelle des Virus zu finden. Je näher er der Lösung des Rätsels kommt, umso sicher scheint es auch, dass ein Auftragskiller nicht nur ihn, sondern auch seine Familie verfolgt. Doch nicht nur von dieser Seite droht Gefahr: In der Nachbarschaft rüsten sich die Underdogs zum Angriff auf die kleinbürgerliche Wohnsiedlung Gerards und seiner Familie.
Reiss hat hier einen recht actionreichen Thriller verfasst, der von mehreren spannungssteigernden Momenten lebt: Der Kampf gegen die Seuche, den Killer und die Bedrohung durch die kriminellen Elemente aus der Nachbarschaft. Langeweile kommt dabei nicht auf.
Allerdings hat mich einiges doch gestört. Zum einen wäre dies die Wahl des Tempus – denn Reiss hat seinen Roman (zumindest legt die deutsche Übersetzung dieses nahe) vollständig im epischen Präsens verfasst. Und das liest sich dann so: Doch als Lewis sich anschickt, aufzustehen und dem jungen Mann zu folgen, fällt ihm auf, dass dieser zu hochaufgeschossen ist, um Robert Grady zu sein. Lewis flucht vor sich hin und schiebt noch einen Dollar in den Automatenschlitz… Was als szenisches Präsens über wenige Zeilen hinweg durchaus noch genießbar sein könnte, beginnt mich als bedeutungsschwangerer Dauerton, vor allem wenn (hier: amouröse) Nebensächlichkeiten geschildert werden, gehörig zu nerven: Er nimmt auf dem Rücksitz des Vans Platz. Theresa setzt sich nach vorn. Er nennt sie Colonel. Sie ihn Commander
Reiss bedient in seinem Thriller eine ganze Reihe der bekannten Stereotypen des Genres: Da wären zum einen die eiskalt agierende Obrigkeit, die hier in der Figur des Vorgesetzten mit einer gehörigen Portion Ignoranz und Borniertheit ausgestattet werden muss, damit Gerard überhaupt auf Abenteuerreise gehen kann. Einige Leser mögen zudem bei der Schilderung der durchweg positiv attribuierten kleinbürgerlichen Nachbarschaft amerikanischer Couleur durchaus Würgereflexe überkommen. Gänzlich unglaubwürdig erscheint vor allem aber die Motivation des Auftragskillers – als ob hier nicht ein paar Millionen auf einen Schweizer Bankkonto reichten, erfindet Reiss eine Lebensgeschichte, in der ein großer Unbekannter den Mann mittels einer haarsträubenden und über Jahre hinweg konstruierten Täuschung als Werkzeug instrumentalisiert. Das erinnert nicht nur entfernt an bleiche Figuren aus dem literarischen Universum Dan Browns.
Fazit
Black Monday von R. Scott Reiss ist ein durchaus spannender Thriller, der sich seines Themas auf eine schon bekannte Weise gelungen annimmt, aber vor allem Schwächen in der Figurengestaltung zeigt.