W. D. Rohr: Inferno

Eine Rezension von Rob Randall

Die meisten Aliens sind böse und wollen immer nur das eine: Unseren Planeten. Die Vernichtung der lästigen Menschheit gerät dabei zum notwendigen Kollateralschaden. W. D. Rohrs  grünen Exemplaren spricht die Boshaftigkeit schon aus den merkwürdigen Katzenaugen und spitzen Zähnen. Deshalb fackeln die Invasoren nicht lange: Wenige Minuten nach ihrem Eintreffen hat schon eine Salve von Atomraketen alle Städte der Erde ausradiert. Gezielt wird Jagd auf die restlichen Überlebenden gemacht. Eigentlich wäre, wenn die Romanhandlung von Inferno einsetzt, schon alles längst vorüber und die neuen Herren der Erde könnten mit ihrem Besitz machen, was sie denn auch immer damit machen wollen – wenn sich nicht einige Exemplare des Homo sapiens sapiens besonders widerborstig zeigen würden.

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Gregor Spörri: The Lost God

Eine Rezension von Rob Randall

Unter der Menge der in den letzten Monaten erschienen Weltuntergangsromane sticht ein Roman hervor: Der literarische Erstling des Schweizers Gregor Spörri, dessen Titel The Lost God. Tag der Verdammnis schon auf den ersten Blick für den Fortbestand der Menschheit nichts Gutes verheißt. Es ist allerdings weniger der Titel als der Aufhänger, den Autor und Verlag gewählt haben, um den Roman an den Leser zu bringen: Denn den Ausgangspunkt des Textes bildet der Fund eines mysteriösen – weil riesenhaften und bestimmt nicht menschlichen  – Fingers durch Gregor Spörri in Ägypten.

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Brian Keene: Auferstehung

Eine Rezension von Rob Randall

Bisher habe nie ein Problem damit gehabt, einen Roman zuende zu lesen. Aber das diesen Monat neu erschienen Werk Auferstehung von Brian Keene [Aussage des Verlages: Brian Keene ist der neue Richard Laymon!] hat mir wirklich alles, aber auch alles abverlangt:

Ein Experiment mit einem Teilchenbeschleuniger hat ein unsichtbares Portal geöffnet, durch das Dämonen in unsere Welt eindringen können. Nach dem Tode eines Lebewesens nehmen sie  seinen Körper und seine Erinnerungen in Besitz. Es kommt wie es kommen musste: Schon nach kurzer Zeit tummeln sich mehr hungrige Zombies in den Straßen der amerikanischen Großstädte als lebende Menschen. Allerdings sind die lange ausgesperrten Dämonen nicht gerade wählerisch, was ihre neuen Körper betrifft. Dankbar nehmen sie sich auch Goldfischen (die daraufhin zu genitalfixierten Killern mutieren), Elchen (Rache ist Blutwurst!), Tauben (Autobesitzer wissen es schon: Die Masse machts!), Löwen (Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sich im Zoo vor den Drogendealern verstecken zu wollen?) und so weiter und so weiter an. Kurz: Keene präsentiert eine untote Zombie-Menangerie. Die teilweise grotesken Szenen könnten vielleicht noch gefallen, wenn der Autor nur ein Fünkchen, ein kleines Fünkchen Humor zeigen würde. Vielleicht sollen die Äußerungen der cleveren Zombies lustig sein: Hat dir noch niemand gesagt, dass es gefährlich ist, Anhalter mitzunehmen?!?.

Die einzigen Beschreibungen, für die sich der Autor bei den rasanten Fahrten seiner unzähligen Protagonisten Zeit nimmt, sind die äußerst unappetitlichen: Detailliert werden die Formen von Eingeweiden oder Farben von vergammelnden Wunden entfaltet. Ausführlich wird geschildert, wie untote Babys in ihrem Kinderwagen exekutiert oder schon bei ihrer Flucht aus dem verwesenden Mutterleib vom eigenen Vater erschossen werden [Zitate erspare ich mir hier jetzt mal].

Überraschend fand ich auch die hohe Zahl der Figuren für einen Roman, der  ca. 400 Seiten umfasst – zugegeben: ein Großteil wird gleich wieder entsorgt, deshalb beschränke ich mich hier mal auf die zentralen, die allerdings schon aussagekräftig genug sind: Da wäre zum einen Jim, der in seinem Bunker von seinem Sohn, der bei seiner neu verheirateten Mutter lebt, einen Anruf enthält und sich daraufhin auf eine gefährliche Reise machen muss, der sich bald ein wenig zimperlicher Priester namens Martin anschließt, weil er meint, Gott hätte ihn dazu berufen. Ein anderer ist Baker, der am Experiment des Teilchenbeschleunigers mitgearbeitet hat, und der dem Angiff eines hungrigen Zierfisches nur  knapp entkommen ist. Er begegnet Wurm, einem geistig zurückgebliebenen Jungen, an dem er tiefsinnig seine Schuld abarbeiten will. Da wäre die drogenabhängige Frankie, die immerhin bei Troll eine unterirdische Entziehungskur macht, diesen aber nachher gegen den Bunten John tauschen muss, weil ersterer einer Horde Ratten zum Opfer fällt. Leider ist letzterer ein geistig verwirrter Obdachloser.  Außerdem ist da noch Skip, der in einer der marodierdenden Militäreinheiten dient, die sich sofort verselbstständigt haben, nachdem der Präsident vor laufenden Kameras seinem Pressesprecher in den Arm gebissen hatte. Und da in solchen Situationen der Mensch des Menschen Wolf ist, schrecken die verbliebenen hohen Militärs (die ja immer die Bösen sind) auch nicht vor der systematischen Versklavung der männlichen und systematischer Vergewaltigung der  weiblichen Zivilbevölkerung zurück. Aber Skip ist ein Guter und hat Skrupel und geht  deshalb nicht in den “Fleischwagen”. Diese verschiedenen Handlungsstränge laufen also nach und nach aufeinander zu, wobei Verluste – vor allem, weil die Zombies so verdammt schlau sind – nicht ausbleiben. Nicht nur manchmal ist das ein wenig deprimierend (und anstrengend). Kaum hat man sich die Namen der neuen Figuren eingeprägt, zack! Schon greifen hinterhältig Eichhörnchen an und dezimieren die fliehende Gruppe gnadenlos.

Fazit

Im Gegensatz zum witzigen Tagebuch der Apokalypse hat mir Auferstehung ganz und gar nicht gefallen – aber ich konnte auch ernst gemeinten Zombiefilmen bisher nie etwas abgewinnen. Wer aber gerne Horrorfilme guckt, in denen Nahaufnahmen von madenverseuchten klaffenden Wunden und explodierenden Schädeln das cineastische Highlight darstellen, der kann sich ja auch mal an Keenes literarischen Ekzessen in Auferstehung probieren. Ich habe drei Kreuze gemacht, als ich endlich durch war – zumal das Ende… naja.

Iva Procházková: Wir treffen uns wenn alle weg sind

Eine Rezension von Rob Randall

Wir treffen uns, wenn alle weg sind… es war der ungewöhnliche Titel des Buches, der mich auf den Roman von Iva Procházková aus dem Jahr 2007 aufmerksam werden ließ – denn der Name der tschechischen Autorin, die schon eine ganze Reihe deutscher Buchpreise mit ihren Jugendromanen einheimsen konnte, sagte mir leider wenig. Und auch das vorliegende Werk, das die Geschichte der Überlebenden einer Seuche erzählt, war, wie ich dem Klappentext entnehmen konnte, mehrfach prämiert worden: Zum einen 2009 mit dem Friedrich-Gerstäcker-Preis der Stadt Braunschweig und zum anderen mit dem Evangelischen Buchpreis 2008. Das erschien mir doch ein wenig ungewöhnlich.

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Frank G. Slaughter: Das Pestschiff

Superarzt Grant unter Primitiven: Stephen Slaughters „Das Pestschiff“. Eine Rezension von Rob Randall

 Ich muss gleich zu Beginn eingestehen: Ich habe den Roman Das Pestschiff von Frank G. Slaughter nur zur Hand genommen, weil er irgendwie in meiner WuB (Wand ungelesener Bücher) gelandet ist. Mir sagte der Name des amerikanische Autors überhaupt nichts – und das, obwohl der ehemalige Arzt 56 Romane geschrieben und davon offensichtlich über 60 Millionen Exemplare verkauft hat. Dann musste ich jedoch auch erfahren, dass von diesen gut 5 Dutzend Romanen, die der Mann sich im Schweiße seines Angesichts abgerungen hat, schon heute kein einziger mehr im deutschsprachigen Raum lieferbar ist – genauso wenig, wie sich im Internet eine deutsche Rezension zu dem 1976 erschienenen Roman Das Pestschiff finden lässt. Worüber ließ das jetzt Aussagen zu? Über die Qualität des Romans? Über das Niveau deutscher Verlage bzw. deutscher Leser? Oder über mich, der ich den Mann nicht kannte?

Ein ganze Menge Inhalt

Ganz im Stile des nach dem Kriege auch in Deutschland so erfolgreichen Arztromans steht im Zentrum der Handlung der erfahrene Immunologe und Nobelpreisträger Dr. Grant Reed, welcher von der verführerisch schönen Lael, der Assistentin seines Bruders Guy, in die peruanische Hafenstadt Chimbote gerufen wird, weil dieser aufgrund einer unbekannten Krankheit auf dem Lazarettschiff Mary mit dem Tode ringt. In weniger als 24 Stunden verdichten sich die Vermutungen des immer souveränen Grant Reed zu einem Gesamtbild: Sein Bruder hatte eine Beziehung mit Lael.

Nach und nach erfährt der Protagonist die doch recht geheimnisvoll anmutenden Fakten: Bei einer archäologischen Grabung haben Guy und Lael ein antikes Massengrab angebohrt und dadurch – so die Vermutung des nie irrenden Grants – einen uralten Erreger freigesetzt. Tatsächlich bestätigen weitere Krankheits- und Todesfälle im Grabungsteam seine Befürchtungen: Ein 5000 Jahre alter Killer grassiert in den Armenvierteln von Chimbote. Und weil Grant aufgrund seiner in Afrika gewonnenen Erfahrungen über eine Art prophetischer Weitsicht verfügt, weiß er selbstverständlich auch, auf welchen Wegen der Erreger sich in die nahegelegenen Städte ausbreiten wird – was dann auch geschieht, weil die Behörden natürlich – aber auch das hat Grant antizipiert – aus ökonomischen Gründen viel zu spät seine äußerst sinnvollen und unbestreitbar richtigen Forderungen nach der Isolation des betroffenen Gebietes erfüllen. Allerdings breitet sich die eigentlich immer noch lokal begrenzte Seuche schneller als gedacht zur Pandemie aus, weil eine von Guy in die Staaten geschickte Probe kontaminiert gewesen ist. Grant weiß: Das könnte das Ende sein, wenn nicht schnell ein Gegenmittel gefunden wird.

Dem abgebrühten Super-Arzt Grant gelingt es zwar trotz seiner unerschütterlichen Ruhe nicht, seinen Bruder zu retten, allerdings lässt er den Toten noch tüchtig zur Ader, um die Besatzung des Schiffes und die behandelnden Ärzte, die neben Grant beinhahe wie Statisten wirken, eine Zeit lang zu immunisieren, bis ein wirkliches Gegenmittel gefunden ist. Dabei verkomplizieren drei Dinge allerdings zunehmend das Geschehen: Zum einen arbeiten die in den Slums von Chibote gegen Grant agitierenden Medizinmänner diesem entgegen – so dass das Schiff den Hafen letztendlich vor dem aufgebrachten Pöbel fliehend verlassen muss – und zum anderen fällt er mit der heißen Assistentin seines noch gar nicht so lange kalten Bruders während eines Sturms buchstäblich in die Koje. Wirklich hindern kann das Grant auf dem Weg zu seinem zweiten Nobelpreis natürlich ebensowenig wie die zu meutern beginnenden Indios auf dem Schiff oder die überraschende Ankunft seiner Noch-Ehefrau (dem ‘Luder’), denn deus-ex-machina liegt plötzlich die Rettung der Welt auf der Hand – pardon: in Grants Hand.

Super-Grant

Slaughter hat in den überwiegend personal erzählten Roman, wie man sieht, eine ganze Menge hineingepackt, um die Handlung zu verkomplizieren – nur leider keine mitreißende Beschreibung der Epidemie geliefert, obwohl das durchaus drin gewesen wäre. Denn er konzentriert sich ganz auf die Bemühungen des Super-Arztes Grant. So erlebt der eben nicht mitfiebernde Leser die Pandemie und ihre Auswirkungen auch nicht, sondern muss sich durch die sehr ausführlichen und manchmal ermüdend ins Detail gehenden medizinischen und wissenschaftlichen Beschreibungen Grants (deren Plausibilität ich nicht beurteilen kann) während dessen Arbeit auf dem im Pazifik dahin dümpelnden Schiff kämpfen. Slaughter gestaltet seinen Helden dabei mit einer Kaltschnäuzigkeit und prophetischen Weitsicht aus, die ihn bald nicht mehr als Sympathieträger wirken lassen. Der Autor scheut sich auch nicht, das gänzlich Unwahrscheinliche so abrupt einzuführen, dass man als Leser weniger über die Gefährlichkeit der Seuche als über die zunehmende Arroganz der Figur Grant staunt, beispielsweise als er erfährt, was im Hochsicherheitslabor (heißes Labor) in den U.S.A. geschehen ist:

“Gestern habe ich einen Funkspruch an Marshall losgelassen und ihn dasselbe gefragt. Heute früh hat er durchgegeben, daß sie auf der Stelle treten und sich rein gar nichts tut – mit Ausnahme der Tatsache, daß zwei Mitarbeiter des ‘heißen Labors’ erkrankt sind, vermutlich am Yungay-Fieber. “Das ‘heiße Labor’ bietet den überhaupt höchsten Schutz für Menschen und Mikroorganismen”, sagte Grant deprimiert. “Das bestätigt nur die Auffassung, zu der ich schon auf unserem technisch nicht feudalen Schiff gekommen bin: Wir haben es mit einem Erreger zu tun, der alle von Menschenhand errichteten Schranken überwinden kann.”

Und das, wohl gemerkt, obwohl es vorher keinen einzigen Hinweis für ein solches Verhalten des durch die Luft übertragbaren Erregers gegeben hat – aber das wäre alles ja nur halb so schlimm, wenn Slaughter einen arroganten unsympathischen Helden hätte gestalten wollen. Aber die mehrfache Präsentation der unbedarften Indios und der diese aus niederen Beweggründen gegen die ‘vernünftigen’ weißen Ärzte und ihre überlegene Wissenschaft aufhetzenden Heiler durch den amerikanischen Mediziner Slaughter spricht dafür, dass hier sprachlich anspruchslos auch ein berufsständisches und kulturelles Selbstbild transportiert wird, welches ich in einem Roman von 1900, aber nicht mehr in einem von 1976 erwartet hätte.

Fazit

Gott sei Dank hat Slaughter davon abgesehen, den Roman auktorial  erzählen zu wollen, sonst wäre Das Pestschiff aufgrund der oben angeführten Gründe wahrscheinlich im literarischen Giftschrank gelandet. Das dürfte auch letztendlich die Ursache dafür sein, dass der Roman in Deutschland nicht mehr aufgelegt wird. Aber auch die fehlende Spannung, die langen dialogischen Abschnitte und medizinischen Ausführungen sowie die auf die Bemühungen Super-Grants beschränkte Präsentation der Seuche sollten einen davon Abstand nehmen lassen, das antiquarisch noch erhältliche Buch zu lesen, weil man man sich für das Thema Pandemie interessiert – selbst wenn man noch an die weißen Götter in Weiß glaubt.