Patrick A. Tilley: Die Amtrak Kriege – Wolkenkrieger

Der gelungene Auftakt der Amtrak-Reihe: Patrick A. Tilleys postapokalyptischer Roman „Die Wolkenkrieger“ . Eine Rezension von Rob Randall

Schon 1983 erschien „Wolkenkrieger“ als erster Roman der insgesamt 6 Bände umfassenden Amtrak-Serie, die in den vor langer Zeit durch einen Nuklearkrieg zerstörten Vereinigten Staaten spielt. Patrick A. Tilleys Roman reiht sich damit ein in eine ganze Serie von apokalyptischen bzw. postapokalyptischen Werken, die in diesem Jahr, in welchem der Widerstand gegen den Nato-Doppelbeschluss von 1979 seinen Höhepunkt erreichte, herauskam. [1]

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Robert Merle: Die geschützten Männer

Robert Merles Dystopie „Die geschützten Männer“.

Ein Rezension von Rob Randall

In Robert Merles bekannten Roman Die geschützten Männer kann der Leser das Entstehen einer dystopischen Gesellschaft in Form einer Gynokratie verfolgen. Ursache für die gesellschaftlichen Veränderungen ist ein Virus namens Enzephalitis 16, welcher die zeugungsfähige männliche Bevölkerung der Erde tötet. So weit, so gut – bzw. katastrophal.

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Paul Gurk: Tuzub 37

Eine Rezension von Rob Randall

Zählen zu den weitgehend vergessenen Texten muss man die schon 1935 veröffentlichte Dystopie TUZUB 37. Der Mythos von der Grauen Menschheit oder von der Zahl 1. Sowohl über den Roman selbst als auch über ihren Verfasser Paul Gurk lassen sich nur recht wenige Informationen finden. Und nach der Lektüre kommt man nicht umhin festzustellen: Das erscheint verblüffend und nachvollziehbar zugleich.

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Douglas Coupland: Generation A

Aua! Douglas Couplands ‚Generation A‘ bereitet in mehrfacher Hinsicht Schmerzen

Eine Buchbesprechung von Rob Randall

Romane können auf unterschiedliche Weise weh tun: weil der Autor mit seinem literarischenFinger in einer persönlichen Wunde des Leser herumzubohren scheint. Oder: weil man mit den Figuren leidet. Oder auch – wie im Falle von Couplands berühmten Roman Generation X aus dem Jahre 1992: weil der Text eine bitterböse Bestandsaufnahme der Wirklichkeit ist, die so richtig Unbehagen bereitet. In einigen Fällen jedoch verspürt man als Leser bei der Lektüre Schmerzen, weil ein Autor, der wirklich schreiben kann, einen einfach nur enttäuschenden Roman abliefert. Und auf Douglas Couplands Near-Future-Science-Fiction Generation A aus dem Jahr 2010 trifft das alles zu.

Eine vermeintlich düstere Zukunft

Couplands Welt des frühen 21. Jahrhunderts unterscheidet sich von der unsrigen gar nicht so stark, sie nur in verschiedener Hinsicht ärmer geworden: Nicht nur, dass die fossilen Brennstoffe zuende gehen und so boshaft dem durchschnittlichen Bewohner der ersten Welt seine heißgeliebten Urlaubsflügen auf die karibischen Inseln erschweren – auch die Bienen sind, als Vorhut vieler anderer Insektenspezies, aus mysteriösen Gründen verschwunden. Und das mit katastrophalen Folgen. Denn statt zu einem leckeren Apfelkuchen reichen die kleinen verschrumpelten Braeburns von künstlich befruchteten Bäumen nur noch zum teuren Apfelstrudel. Doch Gedanken um die Zukunft machen sich nur noch die wenigsten – unhippen – Menschen: Denn alle anderen sind einer Lifestyle-Droge namens Solon verfallen. Weil das Phantastische an ihr ist,  dass sie nicht nur das persönliche Zeitempfinden beschleunigt, sondern auch den sorglosen Abhängigen in einem seligen Gegenwartsrausch vereinzelt. Für die Eliten hebt der Flieger trotzdem immer noch ab.

Wie lange willst du in Genf bleiben? Ich will wieder nach Paris, Papa. Hier ist es so langweilig wie ein Schlaganfall, der nicht mehr aufhört.

Auch wenn Couplands Vision durch diese nur marginalen Verschiebungen Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit beansprucht, muss man als (möglicherweise auch literarisch abgehärteter) Leser feststellen: Das hat man anderswo auch schon mal in bitterer Form gelesen – in Philip K. Dicks düsterem  Träumen Androiden von elektronischen Schafen? beispielsweise; oder auch, was die gesellschaftlichen Folgen des Drogenmissbrauchs betrifft, in Dan Simmons Thriller Flashback. Genauso ich-zentriert wie die Figuren erscheint dabei Couplands Gegenwartsanalyse, die hier nur im Gewande eines Science Fiction daherkommt. Der Text arbeitet sich wiedereinmal kritisch an den Bedürfnissen der dekadenten Industriegesellschaften ab. Millionenfaches Siechtum als Folge des Bienensterbens, des Nahrungs- und Treibstoffmangels, der Deindustrialisierung sucht man vergeblich. Wenn man dem Roman dabei nicht egozentrische Lückenhaftigkeit unterstellen will, so muss man zumindest von einer höchst merkwürdigen Perspektivierung sprechen, die sich natürlich aus der Zielsetzung des Romanes ergibt: Denn die erhobenen Vorwürfe richten sich wieder einmal an den zunehmend vereinzelten, bindungsunfähigen, mediengeilen und an diversen Süchten leidenen Jugendlichen der Industrienationen westlichen Zuschnitts. Nicht umsonst ist dem Roman deshalb auch ein bekanntes Zitat Kurt Vonneguts vorangestellt, in welchem sich dieser darüber lustig macht, dass seine Zuhörer so schnell bereit gewesen seien, das Etikett Generation X als ihr Markenzeichen zu akzeptieren – weswegen er sie jetzt lieber als Generation A bezeichne – die noch vieles vor sich habe.

Skurrile Ideen in enttäuschender Konstruktion

Die Geschichte des Romanes selbst ist enttäuschend. Dabei bietet der Roman sogar gleich 5 verschiedene an. Von jenen Hauptfiguren, die merkwürdigerweise von ausgestorben geglaubten Bienen gestochen und daraufhin in sterile medizinische Versuchsanstalten verschleppt werden, wo sie vom medialen Rummel um ihre Person überhaupt nichts mitbekommen. Die nach ihrer Entlassung nicht mehr zu ihrem bisherigen Leben zurückfinden und einander zu suchen beginnen. Die anfangen, sich nach einer Einladung eines zwielichtigen Wissenschaftlers auf einer kanadischen Insel Geschichten zu erzählen und so kaleidoskopartig die Defizite der Gesellschaft und die wahren Hintergründe des Bienensterbens aufdecken. Da muss man nicht, wie Coupland es in aller Bescheidenheit tut, auf Boccaccios Decamerone verweisen, um ein literarisches Vorbild für einen solchen Aufbau zu bemühen – die nicht für besondereren Einfallsreichtum sprechenden Ähnlichkeiten mit Generation X sind dazu viel zu auffällig.

Nach dem aufgrund von zahlreichen unterhaltsamen Momenten und einigen witzigen Sprachspielen noch passablen ersten Teil erwarten den Leser also die in ihrer Qualität höchst unterschiedlichen Erzählungen der Protagonisten, die letztendlich nur eines gemeinsam haben: Eine deutlich bemerkbare und unschön bemüht wirkende Skurrilität. Letztere ist Coupland übrigens auch schon für die vorhergendenden Kapitel anzukreiden. Anders ließe es sich nicht erklären, dass er einmal eine unter Tourette leidene Haupfigur bemüht, die einem neuseeländischen Baptistenprediger, in den sie zudem noch verliebt ist, ununterbrochen unflätige Worte an den Kopf werfen lässt, und zum anderen den Playboy des Teams nackt mit einem Mähdrescher riesige Genitalien in sein amerikanisches Maisfeld fahren lässt. Anstatt den ersten Teils des Romans mit diesen vermeintlich unterhaltsamen Ideen aufwerten zu wollen, hätte Coupland gut daran getan, seinem Text zum einen einen Spannungsverlauf zu verpassen, der den Namen verdient und zum anderen sich ein Ende auszudenken, dass nicht urplötzlich mit der unglaubwürdigen Vision eines utopischen Morgens dank Solon-Gegenmittel und Kollektivintelligenz über den Leser hereinbricht.

Geschmackssache dürfte insgesamt der leicht gekünstelt wirkende lockere Umgangston des Textes sein, der sich nicht zuletzt aus der konsequent durchgehaltenen Ich-Form (bei kapitelweise wechselnder Perspektivierung) ergibt und der dank der insgesamt überzeugenden Übersetzung mir persönlich Spaß gemacht hat (Eine Anmerkung am Rande: Ein Patzer hat es allerdings in meine Top-Ten der Übersetzungsfehler geschafft. Das Essen saugt.).

Fazit

Douglas Coupland, dessen Erzählung Player One mir wirklich gut gefallen hat, hat sich selbst mit seinem Roman Generation A, der sowohl aus erzähltechnischer Sicht als auch mit Blick auf die literarischen Einfälle enttäuschend genannt werden muss, keinen Gefallen getan.

 Ann Aguirre: Die Enklave

Eine Rezension von Rob Randall

Vor knapp 5 Jahren konnte der russische Autor Dimitry Glukhovsky mit seiner untergründischen Moskauer Postapokalypse Metro 2033 weltweit beachtliche Erfolge verbuchen. Anfang diesen Jahres gelangte mit Ann Aguirres Die Enklave nun aus dem Westen  – genauer gesagt den U.S.A. – eine düstere Zukunftsvision mit ähnlichem Setting auf den deutschen Buchmarkt. Auch sie gewann hierzulande schnell viele Fans. Und das verwundert, wenn man den Roman einmal genauer betrachtet, nicht.

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