Eine Rezension von Rob Randall
Wenn man über einen „erst“ 1983 erschienenen Roman so gar nichts in den Weiten des Internets zu finden vermag, so muss dass nicht unbedingt gleich ein schlechtes Zeichen sein. Lee Hardings postapokalyptisches Machwerk Warten aufs Ende der Welt ist allerdings zu Recht in Vergessenheit geraten.
Nach einem Dritten Weltkrieg bzw. Atomkrieg, der in Verlauf der Geschichte immer wieder als Ursache der gesellschaftlichen Veränderungen angedeutet wird, leben die meisten Menschen in verschmutzten Riesenstädten. Dort werden sie nicht nur durch die Medien, sondern auch durch Drogen im Trinkwasser ruhiggestellt bzw. sterilisiert. Hin und wieder gelingt es einigen wenigen jungen Menschen aus der Stadt in die ländliche Umgebung zu fliehen und die schrecklichen Entzugserscheinungen zu überleben. Auch Manfred und Katie, den Hauptfiguren des vermutlich in Australien spielenden Romans, ist dieses jeweils gelungen – doch sind sie nicht in Sicherheit: Immer wieder erscheinen „Patrouillen“ und jagen erbarmungslos in der idyllischen und tropischen Landschaft die Flüchtlinge. Während Katie sich um die 18-jährigen Liz sorgt, welche verzweifelt auf die Rückkehr ihres Geliebten Colin aus dem unbekannten Norden wartet, kümmert sich der unter Amnesie und mittelalterlichen Geistererscheinungen leidende Manfred hauptsächlich um die Verbesserung seiner Fähigkeiten als Bogenschütze – eine Leidenschaft, die in den Augen seiner Mitmenschen immer mehr den Charakter einer Manie annimmt. Als nicht nur der geheimnisvolle Einsiedler Simon, sondern auch Manfred immer wieder den gleichen entsetzlichen Traum von der Zerstörung der Siedlung durch die Patrouille haben, stehen den erschreckten Bewohnern drei Wege offen: Das Warten, das Verstecken in den nahegelegenen Ruinen oder die Flucht in den nach Collins Worten wenig verheißungsvollen Norden.
Zum ersten lässt die Handlung des Romanes den Leser ratlos zurück: Warum einige Menschen in der Lage sind, sich dem Einfluss der so mächtigen Drogen zu widersetzen, wird nicht deutlich – in einer Rückblende erfährt man zumindest ein wenig über die Motivation Manfreds; warum dieser allerdings im Unterschied zu allen anderen als Kind in der Lage gewesen ist, die Manipulation bzw. die Gefahr, welche ihm in der Stadt drohte, zu erkennen, erschließt sich dem Leser nicht. In anderen Romanen wäre der Aufbruch der drei Gefährten ins Unbekannte vermutlich der Auftakt zu einem spannenden Abenteuer gewesen – hier bricht die (Vor-)Geschichte jedoch unvermutet ab. Spannung versucht der dreiteilige Roman vielmehr durch verschiedene wenig überzeugende Tricks – die wenig mit einer zusammenhängenden Handlung zu tun haben, zu generieren: Im ersten Teil flüchten die Protagonisten vor einer heranrückenden Patrouille, im zweiten erscheint Manfred ein geharnischtes Geisterheer (dann verschwindet es wieder) und im dritten muss eine Entscheidung hinsichtlich der prophezeiten Gefahr getroffen werden. Warum übrigens Manfred und Simon unter warnenden Visionen leiden und einen Blick in die Zukunft werfen dürfen, wird zwar durch eine obskure Theorie einer weiteren Figur erklärt, jedoch für den Leser wenig nachvollziehbar begründet.
Auf die Figurengestaltung wurde wenig Mühe verwendet, nur der Hauptfigur Manfred versucht der Autor etwas Tiefe zu verleihen – aber hier verlässt er sich weitgehend auf Obskuritäten: Manfred hat trotz seines Alters weiße Haare, kann sich nicht an seine Vergangenheit erinnern, sieht Gespenster, wirkt geisterhaft und ausgemergelt, beschäftigt sich mehr mit seinem Flitzebogen als mit allem anderen. Vielleicht soll dieses auch die Rätselhaftigkeit des ganzen Settings betonen, das trotz alter Bücher, Häuser, Ruinen und alten Konservendosen insgesamt wenig der postapokalyptischen Atmosphäre besitzt, die andere Romane des Genres wie Die Straße von Cormac McCarthy aufweisen – gelungen ist dieses nicht.
Sprachlich ist der 250-Seiten-Roman unauffällig, neben einigen gelungenen Vergleichen und Metaphern versteigt sich der Autor allerdings hin und wieder in gedrechselten Bildern, die einfach nur schief geraten: Manfreds Stimmung war entsprechend trübe. Er hatte den Eindruck, im Abseits zu stehen wie die kahlen, einsamen Bäume, und einem welken Blatt gleich war sein Mut auf den Grund der Seele gefallen.
Fazit
Es überrascht nicht, dass Lee Hardings Roman Warten aufs Ende der Welt in Vergessenheit geraten ist – mir fällt jedenfalls keine Begründung ein, warum man ihn lesen sollte.