Eine Rezension von Rob Randall
2007 legte Andreas Eschbach, der mit seinen Romanen Das Jesus Video und 1 Billion Dollar in den Jahren 2000 und 2001 die Bestsellerlisten stürmte, mit Ausgebrannt nach – mit einem spannenden und interessanten Thriller, in dessen Zentrum das Peak-Oil-Szenario steht und der sich angenehm von vielen anderen Vertretern seines Genres abhebt.
Selbst mit dem letzten Tropfen Benzin kann man noch beschleunigen.
Spannend ist der Roman nicht nur wegen seines Inhaltes, sondern auch aufgrund seiner Anlage: Schon im ersten Kapitel begegnet der Leser dem nun in den U.S.A. lebenden Protagonisten Mark(us) (S.) West(er)mann – und zwar bei einem Autounfall, dessen Grund der leere Tank seines Wagens ist – was durchaus als allgemeines Symbol für unsere ölabhängige Gesellschaft verstanden werden kann. Im nächsten Kapitel erfährt der Leser dann, was die Hauptfigur in die U.S.A. verschlagen hat – hauptsächlich der Wunsch, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten erfolgreich zu sein und der auf ein halbes Jahr befristete Job in einer Firma für Finanzsoftware als Sprungbrett. In den nächsten Kapiteln wird nach und nach deutlich, dass Markus Westermann nach seinem Unfall nicht nur unter falschem Namen in einem deutschen Krankenhaus untergebracht worden ist, sondern in den Staaten für Regressforderungen in Höhe von 8 Milliarden Dollar haftbar gemacht wird. Die Frage, wie es dazu kommen konnte, treibt den Leser neugierig Seite für Seite durch den immerhin 749 Seiten unfassenden Roman, dessen Klappentext durchaus einen Hinweis darauf zu geben vermag, denn Markus Westermann glaubt an ein Wunder. Er glaubt eine Methode zu kennen, wie man Öl finden kann. Viel Öl. Und das könnte angesichts der über die Welt hereinbrechende Katastrophe durchaus die Rettung sein.
Besuch erhält er im Krankenhaus dabei von seiner Schwester, die zusammen mit ihrem Mann im Zentrum eines weiteren sich auf zwei Zeitebenen ersteckenden Handlungsstrages steht, der in seinem Verlauf anschaulich die Auswirkungen der sich entwickelnden Ölkrise auf das Leben in der Bundesrepublik und die verzweifelten Versuche der Bevölkerung, diese, so gut es geht, zu meistern, vor Augen führt.
Es gibt jedoch eine ganze Reihe weiterer Zeitebenen und Protagonisten, die für die Handlung von überdurchschnittlicher Bedeutung sind. Zum einen wäre da der CIA-Agent Taggard, der in Saudi Arabien der ihn drängenden Frage nachzugehen versucht, woher der Hass der Bevölkerung gegen die U.S.A., der sich in den Anschlägen vom 11. September 2001 zeigte und der indirekt seine Familie und sein Leben zerstört hat, stammt. Und Taggard ist direkt vor Ort, als nach und nach deutlich wird, dass die Förderung von Erdöl in den OPEC-Staaten sehr schnell dem Ende entgegen geht.
Dabei belässt es Eschbach jedoch nicht. Wiederholte Male erweitert er auch anhand von Familien- und Lebensgeschichten die Dimensionen des Romans um weitere Zeitebenen, in deren Zentrum aber immer der Stoff steht, der den Motor unserer industriellen Gesellschaft antreibt: Das Erdöl. Ohne dabei den erzählerischen Faden abreißen zu lassen, gelingt es Eschbach so, den Leser mit weiteren interessanten Hintergrundinformationen zu versorgen, an denen es dem Roman insgesamt sowieso nicht mangelt. Dazu gehört auch die sich um Abu Jabr Faruq in Saudi Arabien entfaltende Handlung, die mit den von Taggard gemachten Erfahrungen das Bild eines der wichtigsten erdölfördernden Länder – und die Probleme, vor die die Welt durch dieses gestellt wird, abrundet.
Und trotz der vielen Figuren und Zeitebenen gelingt es Eschbach am Ende die zahlreichen sowohl personal als auch auktorial erzählten Handlungsstränge zu einem einzigen dicken, beeindruckenden Faden zu spinnen – wobei jedoch manchmal, das muss man auch anmerken, hin und wieder die Grenzen des Wahrscheinlichen erreicht werden.
Nicht nur, dass der nicht ganz anspruchslose Aufbau den Roman von anderen Vertretern seines Genres abhebt – die Figuren Eschbachs besitzen Tiefe und Mehrdimensionalität – anstatt der so häufig bei Thrillern anzutreffenden stereotypen Merkmale. So verwendet der Autor viel Energie darauf, die durchaus nicht unkritisch zu betrachtende Hauptfigur und ihr verzweifeltes Verlangen, es in den U.S.A. zu etwas zu bringen, vor dem Leser zu entfalten. Und das geschieht zuweilen auch nicht ohne eine gewisse Komik. So muss man z.B. im ersten Drittel des Romans häufiger einmal über Mark(us) (S.) West(er)mann und seine Versuche, sich den Weg in zu einer Festanstellung in den U.S.A. zu bahnen, schmunzeln. Aus Berechnung macht dieser (unter Anderem) Überstunden, weil er weiß, dass der zuständige Vorgesetzte Nolan zu diesem Zeitpunkt noch häufiger in der Firma arbeitet. Eines Nachts trifft er ihn dann auf der Toilette und es entspinnt sich folgender Dialog: „Wohin würden Sie fahren, wenn sie Zeit hätten.” Westküste”, erwiderte Markus wie aus der Pistole geschossen. “Vor allem anderen würde ich nach Kalifornien fahren, nach Los Angeles. Hollywood, Sunset Strip. Und nachsehen, ob das Whiskey-a-Go-Go noch steht.” Nolan machte eine Bewegung, als zucke er innerlich zusammen. “Das Whiskey-s-Go-Go? Wieso das denn?””The Doors, Sir. Ich weiß nicht, ob Ihnen das was sagt. Das war Ende der Sechziger eine berühmte Rockgruppe. Haben ein paar der großartigsten Songs aller Zeiten geschrieben, meiner Meinung nach jedenfalls.” […] Und Mark(us) ist befriedigt: [Er] verließ die Toilette mit dem sicheren Gefühl, dass es sich gelohnt hatte, fast drei Stunden auf dem Gang zu lauern. Und den Aufkleber auf Nolans ansonsten makellosem Auto hatte er auch richtig interpretiert. Noone gets out here alive. Nur diesen Satz. Er hatte ihn in diverse Suchmaschinen eingegeben, und das Internet war in überwältigendem Maß der Auffassung gewesen, dass das eine Zeile aus einem Song von Jim Morrison war […] Vielleicht würde er sich sogar irgendwann eine CD der Doors besorgen.
Fazit
Ausgebrannt von Markus Eschbach ist ein spannender Thriller, der dankbarerweise so gar nicht dem entspricht, was man aus diesem Genre gewohnt ist. Nicht nur, dass er streckenweise durchaus amüsant ist – man lernt sogar eine Menge dabei! Eine tolle Mischung.