Eine Rezension von Rob Randall
Manchen (Mach-)Werken steht man ratlos gegenüber – so auch dem 1974 von Arthur Herzog vorgelegten frühen Ökothriller The Swarm. Der Autor, der am 25. Mai 2010 verstarb und der seinen Lebensunterhalt als Journalist bestritt, ist heute höchstens noch aufgrund zweier Verfilmungen seiner Werke bekannt: Orca und The Swarm. Wobei letzterer, der 1978 in die Kinos kam, selbst für eingefleischtere B-Movie-Liebhaber eine angemessene Herausforderung darstellt.
Es gibt verschiedenes, was man im Zusammenhang mit jenem unheilvollen Zwischenfall in Maryville, New York, besonders hervorheben sollte.
Die Handlung des Romans ist schnell erzählt: Eine aggressive, aus afrikanischen und südamerikanischen Bienenvölkern entstandene, Hybride ist über die mexikanische Grenze in die U.S.A. eingewandert. Schon beim ersten Angriff auf eine picknickende Familie in Maryland zeigt sich, dass diese Bienen zudem über ein tötliches Gift verfügen, dessen gefährlichster Bestandteil auf vom Menschen verwendeten Insektengift basiert. Zudem zeigt sich im Lauf der Untersuchungen, dass die Art nicht nur aggressiv und tödlich ist, sondern auch einen stärkeren Expanionsdrang bzw. Wandertrieb als andere Arten besitzt, wobei ihre höhere Vermehrungsrate und ihre Anpassungsfähigkeit an neue Umweltbedingungen sie den europäischen Völkern der U.S.A. weit überlegen macht.
Die Hauptfigur Dr. John Wood ist der erste, in dessen Kopf es zu summen beginnt, als er auf die Vorfälle in Maryland aufmerksam wird – und im Laufe der Zeit bewahrheiten sich seine Befürchtungen: Die in Leichen zurückgelassenen Bienenstachel häufen sich, die geflügelten Einwanderer vergößern ihr Territorium und die ergriffenen Gegenmaßnahmen der einheimischen Behörden erweisen sich als unzureichend. Es scheint zudem absehbar, dass in wenigen Jahren die Bienenspopulationen massenhaft in die an den Küsten gelegenen Großstädte der U.S.A. einfallen werden. Erst jetzt nimmt Woods Vorgesetzter Hubbard die Warnungen ernst. Aus diesem Grund wird in der ehemaligen Forschungsanlage für biologische Kriegsführung Fort Dexter ein ausgefeilter mehrstufiger Schlachtplan entwickelt, um die Bedrohung durch die geflügelten Immigranten doch noch abzuwenden – doch erst am Schluss beantwortet sich die Frage, ob das Team unter Hubbard mit ihren genetischen Methoden Erfolg gehabt hat.
Und während die europäische Biene ihre Angriffslust allmählich eingebüsste, hat sich die afrikanische Biene ihre Angriffslust bis auf den heutigen Tag bewahrt.
Kritikwürdig an diesem Buch ist weniger die Konzeption der Handlung selbst, als die Lesart, die der Autor zulässt (oder intendiert?): Kann doch ein böswilliger Leser die Bienengeschichte unter rassistischen Vorzeichen durchaus als Parabel auf das „Einwanderungsproblem“ der U.S.A. lesen (Zuletzt deutet Michael Moore 2004 in seinem Dokumentarfilm 9/11 die Existenz einer solchen us-amerikanische Lesart durch die Zusammenschnitte von Polizeijagdten auf Kriminelle afro-amerikanischer Herkunft und Fernsehberichten über eingewanderte „Killerbienen“ an). Doch die Frage, ob diese Lesart beabsichtigt ist, ist schwer zu beantworten, denn das Problem der durch Kreuzungen entstandenen Killerbienen, die mehrere dutzend Menschenleben im Jahr fordern und ihren Wanderungszügen nach Norden, ist real. Nichtsdestotrotz wundert man sich über die konkrete Ausgestaltung des Grundplots in diesem Roman durch den, ein damals durch die Medien geisterndes Bedrohungsszenario aufgreifenden und extrapolierenden, Journalisten Herzog.
Dass Herzogs Berufung eigentlich der Journalismus ist, merkt man dem Buch deutlich an – und das leider nicht nur aufgrund der wichtigen Rolle, die er realen Zeitungsberichten über Angriffe von Killerbienen bei der Exploration der Gefahr durch die Hauptfigur zugeschrieben hat. Auch die Sprache erscheint journalistisch nüchtern und knapp, die Charaktere der Figuren werden nur in groben Umrissen soweit beschrieben, als es tatsächlich notwendig ist. Für die Handlung unwichtige Beschreibungen fallen, vor allem gegen Ende, immer weiter fort, selbst wenn sie der Illustration des Katastrophenszenarios gedient hätten. Die Stimmung des Lesers bleibt dabei auf der Strecke. Spätestens ab der Hälfte des Buches wird man den Eindruck nicht los, ein Drehbuch vor sich zu haben, zumindest aber ein Werk, das die wichtigsten Ereignisse nur noch zwecks späterer Verfilmung oder reiner Dokumentation zusammenrafft. Dieses lässt sich auch nachweisen: Zählte man die Seiten, würde man entdecken, dass der Roman weitestgehend zeitdeckend geschrieben ist, es dominieren der Innere Monolog oder der Dialog zwischen den Figuren. Dort, wo weite Strecken der erzählten Zeit gerafft werden, geschieht es äußerst knapp und lieblos. Zeitdehnende Verfahren finden nur am Anfang des Werkes, der einen besseren Eindruck als der Rest des Buches macht, stärker Verwendung.
Als Fazit ist zu konstatieren, dass sich der Journalist bei der Recherche der realen Hintergünde und ihrer fiktiven Fortscheibung mehr Mühe gegeben hat, als der sprachlichen und erzähltechnischen Ausgestaltung seines bekanntesten [!] Romans. Das Buch ist literarisch von schlechter Qualität, an vielen Stellen aber durchaus noch spannend und interessant – insgesamt also höchstens Mittelmaß.